Gewerbe und Handwerk in Kronberg: Es ist 5 vor 12.

Veröffentlicht am 21.03.2018 in Presse

Eine lebendige Stadt braucht Handwerk und Gewerbe.Wir wollen handeln.
Am 21. Februar trafen sich auf Einladung des Bundes der Selbständigen (BDS) – Bereich Handwerk – zehn Inhaber von Kronberger Gewerbe- und Handwerksbetrieben mit Vertretern mehrerer Fraktionen, Bürgermeister Klaus Temmen, dem Ersten Stadtrat Siedler sowie dem Wirtschaftsförderer Andreas Bloching.

Thema des Abends waren die fehlenden „Gewerbeflächen in Kronberg.“ Die Unternehmer schilderten ihre teilweise existenzbedrohende Situation:

Moritz Feger, Inhaber des Dachdeckerbetriebs Weidmann und Feger, zu den mangelnden Entwicklungschancen der Betriebe vor Ort:
„Wenn unsere Betriebe vor Ort weder das Personal noch die Flächen bekommen, um zu wachsen, sind wir hier auf Dauer nicht mehr konkurrenzfähig. Unsere Mitarbeiter finden keine bezahlbaren Wohnungen in Kronberg, wir finden keine Gewerbeflächen. Unsere Mitbewerber in anderen Städten hingegen können sich in der Fläche ausbreiten und ihren Kunden bessere Konditionen bzw. günstigere Preise anbieten.“

Wer in Kronberg arbeitet, muss in Kronberg wohnen können.

In Handwerksbetrieben und auf Baustellen beginnt die Arbeit früh morgens. Wenn die Mitarbeiter einen längeren Anfahrtsweg haben und sich etwa durch einen Stau verspäten, kann die ganze Tagesplanung dahin sein, berichtete Moritz Feger.
Auf die Frage der stellvertretenden ASU-Vorsitzenden Andrea Poerschke (SPD), wie viel Geld ein Angestellter in einem Handwerksbetrieb für eine Wohnung bezahlen kann, antwortete Moritz Feger: „600 € bis 900 € für eine Dreizimmerwohnung ist das Maximum, was unsere Mitarbeiter von ihrem Lohn bezahlen können. Nur noch zwei unserer Mitarbeiter kommen aus Kronberg. Sie sind außerdem in der Freiwilligen Feuerwehr aktiv, lange geht auch das nicht mehr gut. Deshalb verfolgen wir die Bestrebungen nach bezahlbarem Wohnraum mit großem Interesse.“

Dringend gesucht: Gewerbeflächen.

Zum wiederholten Mal drängen die Handwerks- und Gewerbeunternehmer auf verbindliche Aussage darüber, ob und wann sie mit weiteren Gewerbeflächen rechnen können. Ihr Flächenbedarf beginnt bei 2.000 m2 und geht bis zu 10.000 m2 , die etwa ein Kronberger Autohändler benötigt.

„Leerstände in Immobilien in Oberhöchstadt,- so die Antwort auf eine Nachfrage von Andrea Poerschke-, seien keine Option, weil die Eigentümer zu Nutzungsveränderungen nicht bereit seien oder zu hohe Mieten verlangten. Eine Immobilie kaufen kann man auch nur, wenn der Besitzer sie verkaufen möchte – zwingen kann man niemanden.“ kam es aus der Runde.

Aus all diesen Gründen haben einige Unternehmen Kronberg bereits verlassen. In Nachbargemeinden haben sie günstigere Grundstücke und Planungssicherheit gefunden. Diese Unternehmen fehlen jetzt der Stadt: als Dienstleister und als Gewerbesteuerzahler.

Wo ist in Kronberg Platz für Gewerbe?

Der Erste Stadtrat Robert Siedler stellte anhand der Ausarbeitungen im Stadtentwicklungskonzeptes (Baustein Gewerbe, Seite 65 und ff.) die drei größten möglichen Flächen vor, die Entwicklungen in den obengenannten Größenordnungen zuliessen:
- Kronberger Hang (2,8 ha)
- Am Auernberg ( 4,8 ha)
- Oberhöchstadt Süd (7,2 ha)
Robert Siedler und Bürgermeister Temmen sagten zu, dass die Stadt in Kürze mit diesen Anliegen auf den Regionalen Flächennutzungsverband zugehen würde, um alle genannten Optionen einzubringen.

Andreas Bloching zeigte auf, welche Flächenbedarfe Unternehmen in den letzten 3 Jahren bei der Wirtschaftsförderung der Stadt angemeldet haben: - Handwerker (Bestand/Expansion): ca. 25.000 m2
- sonstige Unternehmen/Dienstleister (Bestand): ca. 25.000 m2
- Anfragen von externen Unternehmen: ca. 40.000 m2

Das Problem bei den möglichen Gewerbeflächen und dem Bedarf der hiesigen Unternehmen ist der Faktor Zeit: Bis die Flächen entwickelt sind, kann es noch 5 Jahre dauern. „Aber eine verbindliche Aussage würden uns für unsere Unternehmensplanungen schon helfen!“, so Moritz Feger.

Gewerbeentwicklung auf Basis des Stadtentwicklungskonzeptes Intelligentes und sensibles Vorgehen bei der Nutzung und Gestaltung der Flächen

„Zu einer so wertvollen Fläche wie am Kronberger Hang passt kein Hochregallager. Aber eine Bebauung mit hochwertiger Architektur, die die Blickbeziehung zur Burg erhält – das ist auch mit Gewerbebauten möglich. Für Lagerflächen eignen sich möglicherweise wiederum eher Teilbereiche in Oberhöchstadt Süd.“

Am Auernberg sieht die SPD maximal eine einreihige Bautiefe. Aufgrund des ÖPNV-Anschlusses ist diese Fläche ideal auch für ein Mischgebiet mit günstigen Wohnungen. „Weiterer Autoverkehr ließe sich so vermeiden“ stellte Andrea Poerschke dar. Weitere Überlegungen: „Hier könnte vielleicht auch das Handwerk selbst initiativ werden. Mehrere Handwerksbetriebe könnten als Bauherrengemeinschaft wie in Oberursel gemeinsam ein Wohnhaus für Handwerker bauen.“

Natürlich spielen auch beim Gewerbe die Grundstückspreise eine entscheidende Rolle. In Steinbach kostet der Quadratmeter Gewerbefläche 120 €, in Oberursel und Schwalbach 250 € bis 300 €, in Kronberg mindestens 300 € bis 350 €.

Andrea Poerschke regte an, das Einheimischenmodell für Wohnraum auch auf das Gewerbe – auf jeden Fall für Kronberger Traditionsbetriebe – zu übertragen. Die Flächenentwicklungen berührten allerdings die Belange Verkehr, Landschaft und Umwelt und müßten daher städtebaulich intelligent und sensibel geplant und entsprechende Ausgleiche hergestellt werden um eine Umsetzung realisieren zu können. Die SPD will sich mit aller Kraft für das Gewerbe und Handwerk in Kronberg einsetzen. „Wenn wir alle gemeinsam Ideen und Initiativen entwickeln, sollte es doch möglich sein, Unternehmen in Kronberg zu halten und anzusiedeln“, sagt Andrea Poerschke für die SPD und bittet ihrerseits den BDS durch eine offensive öffentlichkeitsarbeit die Politik bei diesen nicht unumstrittenen Flächenentwicklungen zu unterstützen.